Dienstag, 31. Mai 2011

26.05. - 31.05.: die Lage ist stabil...

Am 27.05. hatten wir unsere erste Kontrolle in der OBE. Melinas Blutwerte sind AKZEPTABEL. Nach ca. einer Woche folgt auf die Chemo ja meist ein Zelltief. Geht es Melina da schlecht, sollte sie Fieber bekommen oder bei anderen Problemen sind wir sofort wieder "drin". Man kann also nicht gerade weit planen...

Heute hat Luca auch noch Husten und Fieber bekommen. Ich hoffe, Melina fängt sich diesen Infekt nicht ein! Wäre in ihrem "Zustand" nicht gerade gut! Wegen der erhöhten Infektionsgefahr dürfen wir jetzt nicht mehr dahin, wo größere Menschenansammlungen sind. Sprich Einkaufen, Freibad, Kindergarten, Feste, öffentliche Verkehrsmitzel, Spielplatz - alles nicht mehr machbar wie früher...
das war also mit hart und schwer gemeint! eine Mini-Isolation.

25.05.2011: wir dürfen heim!

Melinas Blutwerte sind gut. Sie hat kein Fieber und wir bekommen alle Medikamente für zu Hause mit (sie muss 4x am Tag Medis nehmen). Endlich kann ich diese Welt verlassen und daheim auftanken. Luca hat seine Mama wieder und da Melina ja noch ihre Haare hat, wird der Alltag daheim relativ normal, denk ich. Die Chemo hat den Tumor auch sichtbar verkleinert. Zumindest schlägt die Chemo an!

23.05. - 25.05.: Untersuchungen, Untersuchungen, Untersuchungen...

Soviele Untersuchungen, wie Melina in dieser Woche mitmachen musste, habe ich wahrscheinlich in meinem ganzen Leben nicht! Knochenzintigraphie, CT des Thorax, Augenklinik, EEG, EKG, und, und, und!
und das war wieder an der Grenze des Erträglichen...

Man kommt aber auch mit anderen Müttern der Station ins Gespräch und wundert sich über deren Routine, mit der sie erzählen. Und man weiß, diese Routine wird man auch mal haben. Man will sie aber gar nicht haben!
So langsam wird einem das "Ausmaß" Melina´s Erkrankung bewusst. Es wird lang. Es wird hart. Es wird alles anders.

21.05. + 22.05.: Tag 3 und 4 - Wochenende

Da Melina Tag und Nacht die Chemo und die sogenannte Spülung bekommt, ist sie Tag uns Nacht mit einem Infusionsständer verbunden, den man nonstop hinterherziehen muss. Das muss man auch erstmal üben, denn die 2 Schläuche verheddern und verdrehen sich minütlich! Das darf Predi auch gleich üben, denn an diesem Samstag tausche ich mit ihm. Ich gehe mit Luca auf den grossen Spielplatz im Höhenpark Killesberg und schlafe auch daheim. Auch das war sehr schwer, denn man kehrt aus der Welt der Station K1 zurück in das geliebte Zuhause und sieht Melinas leeres Zimmer und denkt daran, was sie gerade im Krankenhaus durchmachen muss...und gleichzeitig möchte man Luca alles geben, was man in der Situation an Aufmerksamkeit geben kann. Denn der kleine Knopf braucht einen ja auch. Eine echte Zerreißprobe!


Besuch hatte Melina an diesem Wochenende auch einigen. Die Großeltern und Predis Bruder mit Schwägerin waren da. Das brachte dann auch etwas Abwechslung für Melina. Sie darf während der Chemo die Station nicht verlassen und hat da nur das Spielzimmer. Aber da gibt es extra zwei Erzieherinnen, die mit den Kindern malen und spielen. Man ist also nicht ganz allein zum "Unterhalten" des Kindes...

20.05.2011: Tag 2

Nachdem die Ärzte Melina´s Tumor gesehen haben und wie er in der "Woche des Wartens" gewachsen ist, wird jetzt auf die Zeit gedrückt und Melina bekommt für heute einen OP-Termin. Ihr soll ein Katheter (Hickman) implantiert werden. Über den implantierten Schlauch, der dann aus ihrem Brustkorb kommt, soll abends gleich die Chemo reinlaufen. Die Ärzte wollten da nicht bis zum Montag warten...

Es ist mittlerweile alles schwer zu ertragen. Wieder soll Melina "unters Messer", wieder Vollnarkose, wieder die heftigen Narkosenachwirkungen....auch diesmal können wir Melina nur schwer abgeben. Schließlich wird bei dieser OP im wahrsten Sinne des Wortes eingegriffen. Aber es läuft alles gut. Natürlich hatte Melina wieder das Ausrasten nach der Narkose, hat sich wieder den Zugang rausgezogen und schlußendlich auch am Katheter-Schlauch gezogen...das mit dem Zugang-Herausziehen war keine gute Idee, denn auf einmal blutete sie das Bett voll und eine Ärztin, sowie eine Schwester kamen herbeigeeilt, um den Zugang endgültig zu entfernen. Ich stand währenddessen mit weichen Knien neben dem Bettchen und habe versucht, Melina ruhig zu halten, die immer noch am-sich-winden war...ich war echt ganz unten angekommen. Mir wurde kurz schwindelig. Das allles zu sehen lässt jedes Mutterherz bluten...und abends hat Melina dann gleich die Chemomittel verabreicht bekommen. Ein Gespräch mit einer Oberärztin darüber hatten wir auch. Aber ich weiß gerade noch, wie diese Ärtzin hiess, den genauen Inhalt dieses Gespräches könnte ich beim besten Willen nicht mehr wiedergeben. Man ist im Kopf so leer, obwohl so viel auf einen einstürzt und einströmt...so viele Fachwörter, neue Eindrücke und Bilder, die man nicht mehr aus dem Kopf bekommt...
deshalb weiß ich zu diesem Tag auch gar nicht mehr so viel...sollte mir nochmal etwas einfallen, werde ich diesen Post ergänzen.

Sonntag, 29. Mai 2011

19.05.2011: Tag 1

Wir fahren Luca zum Waldtag und dann direkt ins Olgäle. Meine Sporttasche ist gepackt für einen längeren stationären Aufenthalt. Ich rechne mit einer Woche...
In der OBE angekommen, werden wir freundlich begrüsst und Dr. Schilling bittet uns gleich ins Besprechungszimmer. Er wird uns gleich erzählen wie die Therapie aussehen wird, und dass uns nun eine schwere Zeit bevorsteht. Wie schwer, hätte ich mir in meinen schlimmsten Alpträumen nicht ausmalen können! Zu allererst stehen viele Untersuchungen an, damit man praktisch die Basisdaten hat - Status vor Chemotherapie...Die Chemo soll in 9 Blöcken stattfinden. In der Mitte oder am Ende steht eine Operation, eventuell muss auch bestrahlt werden. Und ein Satz bleibt mir für immer im Gedächtnis: " Ohne Behandlung wird Melina das nicht überleben". Mein Herz stockt kurz. Es ist mehr als ernst. Mehr als nur ein Schnupfen. Mehr als man wahrhaben will und mehr als man ertragen kann...
Wir gehen Blut abnehmen, zum Thorax-Röntgen, zum Hörtest, zum Bauch-Ultraschall...
wie ein Zombie bewege ich mich durch die Wartezimmer und denke, eigentlich müsste Melina jetzt im Kindergarten draussen im Sand spielen und nicht hier in tausend Wartezimmern warten und all diese Untersuchungen aufgezwungen bekommen. Denn Melina ist mit den meisten Untersuchungen nicht gerade einverstanden. Teilweise müssen wir sie wieder festhalten, was einem wieder ein höllisch schlechtes Gewissen macht.
Den seelischen Tiefpunkt erlebe ich, als wir auf der Station K1 ankommen. Die Onkologie. Uns wird Melinas Zimmer gezeigt, wo meine Elternliege steht, wo die Dusche ist, wo ich Bettwäsche finde, wo die Elternküche ist, wo das Spielzimmer ist, ... und gleichzeitig fahren geschwächte Kinder ohne Haare an uns vorbei und man spürt die Schwere, die auf den Eltern liegt, obwohl sie einen anlächeln. Mann will doch eigentlich nicht hier sein.
Ins Zimmer komme ich mit einem 17-jährigen Jungen, der Hodenkrebs hat und schon gezeichnet ist von den zahlreichen Chemos. Aber eigentlich will ich nur alleine sein und empfinde es als megahart in dieser heftigen seelischen Belastung nicht mal ein Einzelzimmer zu bekommen. Zumindest ist die Schwester, die für die Nacht für uns zuständig ist einfülsam. So kann ich den Stationsschock ansatzweise verarbeiten...

18.05.2011: ...und dann kam die Diagnose

Mittags sind wir bei Christina, Leandro und Lias. Jede Abwechslung ist mittlerweile willkommen, die einen nicht immer an das Eine denken lässt, obwohl man doch immer an das Eine denkt! Melinas Tumor ist mittlerweile schon so gewachsen, dass sie kaum aus dem Auge schauen kann. Aber er scheint ihr nicht weh zu tun und sie zu beeinträchtigen.
Als wir abends daheim ankommen und die Kinder versorgt sind, erzählt mir Predi, dass Dr. Schilling angeufen hat. Das Ergebnis steht fest. Es IST ein bösartiger Tumor. Ein sogenanntes EMBRYONALES RHABDOMYOSARKOM. Äußerst maligne, also übersetzt; äußerst bösartig. Am folgenden Tag haben wir gleich um 9:00 Uhr ein Termin in der onkologischen Behandlungseinheit (OBE) und Melina wird auch gleich bleiben müssen. Es geht also los...